baz@rt / Europe Learning - Frankfurt meets Krakow

Programm Europe Learning – Frankfurt meets Krakow
schmidtstrasse12, Frankfurt am Main
9.-11. Dezember 2005


Freitag, 9. Dezember
20.15 Uhr: Eröffnung
„Komponenten“
Gastspiel Stary Teatr, Krakau
Inszenierung von Michał Borczuch nach einem Stück von Małgorzata Owsiany
anschließend: Party mit DJ Mario aus dem Club der polnischen Versager, Berlin

Das Stück „Komponenten“ von Małgorzata Owsiany wurde von Michał Borczuch, einem jungen polnischen Regisseur inszeniert. Es wurde im Rahmen des Festivals baz@rt erarbeitet und hatte im Januar 2005 Premiere.

Wegen mangelnder Perspektive, aufgrund des Gefühls von Machtlosigkeit und Langeweile im eigenen Umfeld, das durch die Hochhäuser begrenzt wird, greifen die Protagonisten des Stückes zu Drogen. Ein Sandkasten verwandelt sich zum Lebensraum, hier werden alle Ängste, die mit dem zukünftigen Erwachsenenleben zusammenhängen, durchgespielt. Hoch oben, über ihnen, fliegen immer wieder Flugzeuge vorbei – ein Symbol, das für den besessenen Traum der Protagonisten von der Flucht in eine bessere Welt steht. Die Problematik in diesem Stück ist weniger die Drogenabhängigkeit der Personen, als vielmehr ihre Unfähigkeit die eigene Wirklichkeit authentisch zu erleben. Der Regisseur und die Schauspieler suchen nach der Wahrheit der Figuren in der Spaltung, die durch das Zusammenfügen von verschiedenen Elementen entsteht: kleine Erlebnisse im Alltag, ihre Verhaltensweisen und verletzter Sprache.

Deutsche Übersetzung von „Komponenten“: Olaf Kühl


Sonnabend, 10. Dezember
20.15 Uhr: Szenische Lesung
„Dunkel allerorten“
Eingerichtet von Paweł Miśkiewicz nach einem Stück von Paweł Sala

Der Regisseur Paweł Miśkiewicz erarbeitet mit Schauspielern des schauspielfrankfurt die szenische Lesung innerhalb einer Woche. Die Textgrundlage bildet das beim Stückewettbewerb des diesjährigen Festivals baz@rt (Krakau) ausgewählte Drama „Dunkel allerorten“ von Paweł Sala. Eine vom Autor erstellte Zusammenfassung finden Sie hier als Download (PDF)

ab 22 Uhr:
„Born in Kattowitz – Urodzony w Katowicach“
Late-Night-Performance mit dem Club der polnischen Versager, Berlin und der Gerd Schneider Gesellschaft, u.a. Frankfurt a. M.

Die Gerd Schneider Gesellschaft und Mitglieder des Clubs der polnischen Versager (Berlin) präsentieren eine humoristische Late-Night-Performance.


Sonntag, 11. Dezember
17:00 Uhr
„Polnisches Theater heute“
Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit Videobeispielen und anschließendem Abendessen

Diskussionsforum mit konkretem Anschauungsmaterial (Videoeinspielungen) zu Entwicklung und Perspektiven des gegenwärtigen polnischen Theaters und der zeitgenössischen polnischen Dramatik. Konzept und Moderation: Grzegorz Niziołek.
Vorträge von drei bekannten polnischen Theaterkritikern: Małgorzata Dziewulska, Piotr Gruszczyński und Grzegorz Niziołek.

In der letzten Dekade erlebte das polnische Theater eine Reihe aufsehenerregender Regiedebüts, eine Neugestaltung des Spielplanprofils und eine grundlegende Veränderung der Alternativtheaterformen. Viele dieser Erscheinungen sind Ergebnisse der politischen Transformation nach der Wende von 1989: Öffnung des Theater nach Westen wie nach Osten und gleichzeitige schöpferische (Fort)Entwicklung der lebendigen polnischen Theatertraditionen (was häufig in heutigen Diskussionen unerwähnt bleibt). Das polnische Theater ist seit 15 Jahren auf der Suche nach seinem Ort in der Gesellschaft, was einige heiße Diskussionen (eine davon thematisierte den sog. neuen Brutalismus) auslöste und eine Revision hergebrachter Bewertungskriterien nach sich zog. Eine starke Polarisierung der Rezeptionsweisen und die Unmöglichkeit, sie auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, hatten in den letzten Jahren ein nahezu „militärisches“ Klima im polnischen Theater zur Folge. Heute ist die Situation schon ein bisschen anders: Das Publikum hat sich vom Schock der neuen Dramaturgie erholt. Die in der zweiten Hälfte der 90er Jahre debütierenden Regisseure werden nicht mehr bloß als „Schüler von Krystian Lupa“ betrachtet. Sie haben inzwischen ihre künstlerische Selbstständigkeit und Anerkennung gewonnen. Neben ihnen sind noch jüngere und „brutalere“ Künstler aufgetreten. Der Zeitpunkt ist gekommen, die Landkarte des polnischen Theaters neu zu vermessen.