SFX: Publiczność - Spontane Öffentlichkeiten - 1

SFX: Publiczność - Spontane Öffentlichkeiten

[ Dokumentation ]

Agora / Solidarność / SFX / Creative commons / Publiczność


Von Roman Dziadkiewicz

Agora
Nach dem dreiteiligen Schema von Aristoteles ist ‚agorá‘ der privat-öffentliche Bereich: der Ort der Begegnungen und des Dialogs. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist Agora in Polen jedoch in erster Linie der Name eines der größten Medienkonzerne des Landes. Diese Firma wurde von oppositionellen Kreisen im April des Jahres 1989 gegründet. Heute besitzt die Firma neben der einflussreichsten Tageszeitung, der Gazeta Wyborcza, Dutzende lokaler Zeitungen und Rundfunksender, das einzige Informationsradio im Lande, und darüber hinaus Beteiligungen am Fernsehen und an Internet-Projekten. Der Aufbau von Agora wurde vom größten Bruch in den Kreisen der Solidarność begleitet, als sich damals jene Intellektuellen, die früher die Gewerkschaftler beraten hatten, von diesen und von der Idee der gesellschaftlichen Solidarität abwandten. Die Gazeta Wyborcza, die anfangs
das Organ der Gewerkschaft war, „wurde ihr gestohlen“, wie viele Funktionäre und Beobachter dieser Ereignisse behaupten.
Stanisław Remuszko, ein früherer Journalist der Gazeta Wyborcza, hat zu diesem Thema ein Buch geschrieben: eine Monographie der ersten Jahre des Bestehens dieser Tageszeitung – es trägt den
Titel Gazeta Wyborcza. Die Anfänge und das Umfeld. In einem Interview mit der Monatsschrift Obywatel sagte Remuszko: „Die 'Wyborcza‘ entstand aus den Mitteln und Möglichkeiten, die ihr –auf den Grundlagen des Monopols – von der damaligen Führung der Volksrepublik Polen angeboten wurden. Aber der Gruppe von Michnik wurde für die Zeitung nicht-privates Papier Jaruzelskis zugeteilt, die nicht-private Druckerei Kiszczaks zur Verfügung gestellt und das nicht-private Redaktionslokal Cioseks angeboten. All das war ja Gemeineigentum. Indem sie sich dieses Eigentum zunutze machte sowie das messbare, durch den Kauf der ‚Gazeta‘ zum Ausdruck gebrachte Kapital des gesellschaftlichen Vertrauens ausnutzte, brachte es die ‚Wyborcza‘ im Laufe von einigen Monaten zu einem gigantischen Vermögen, woraufhin sich ihre Führung mit diesem Vermögen auf der Stelle zum Privateigentümer machte, nach Art der klassischen Nomenklatur-Gesellschaft. Gerade dies erachte ich als unredlich.“..(...)
Veranstaltungsort
Westfälischer Kunstverein, Münster

Termin
3. September - 30. Oktober 2005

Beteiligte Insitution
Westfälischer Kunstverein Münster