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Radio_Copernicus
Radio_Copernicus © Nitsche
2005-08-04

Radio_Copernicus

[ Schließ die Augen, schalt den Äther ein - Ozon,
Nr.15/ 28. Juli-3. August 2005, S. ]
Wenn Du nicht glaubst, dass Künstler auf Radiowellen spielen wie auf Gitarrenseiten, dann hör dir das erste Künstlerradio Polens an.

von Agnieszka Berlinska

Albert Einstein verglich das Radio mit einer langschwänzigen Katze – wenn man in New York dran zieht, miaut es in Los Angeles.

Das Internet, das die Reichweite eines Senders über den Äther hin ausgedehnt hat, hat diesen Schwanz noch verlängert.

Von solchen Möglichkeiten macht Radio_Copernicus (Radio_C) - eines der Kunstprojekte im Deutsch-Polnischen Jahr – Gebrauch.

„Radio kann für einen Musiker genauso ein Werkzeug sein wie Pinsel und Leinwand für den Maler, sagt Kamil Dabrowa, seit kurzem Chefredakteur von Radio Bis. Nicht genug damit, dass Radio_Copernicus sich der Kultur widmet, der Sender wird überdies noch Werke der Klangkunst präsentieren. So wie vergleichbare Sender in Europa (reeboot.fm, resonance.fm) ist das deutsch-polnische Künstlerradio an Avantgarde-Musikfestivals angebunden. In Polen wird das der Warschauer Herbst sein, und auch in Wroclaw wird sich ein Symposium ganz der Radiokunst widmen.

Auf dem freien Markt hätte Radio_Copernicus keine Chance, denn mit dem Radio, das wir kennen, hat es nicht viel gemeinsam. Rechnet also bei Radio_Copernicus weder mit einer Zeitansage, denn die künstlerische Uhr geht anders, noch mit Parteikoalitionen oder einer obligatorischen Wettervorhersage! Stattdessen hören wir Meerresrauschen, Donnern, den Gesang der Vögel oder den der Festivalkünstler.

Polnische und deutsche Künstler haben im Auftrag von Radio_Copernicus die Interpretationsmöglichkeiten des Radios vorbereitet. Die „Auftragsarbeit“ des jungen Klarinettisten und Komponisten Michal Gorczynski besteht aus der fingierten Sendung des nicht existierenden Radiosenders Energistic Radio.

„Zusammen mit dem Komponisten Jan Duszynski und dem Saxophonisten Tomasz Duda, setzen wir mein energetisches Manifest um, das der Vielseitigkeit künstlerischer Inspiration gewidmet ist“, erzählt Gorczynski. „Auf der Basis stereotyper Geräuschassoziationen spielen wir Musik aus Japan, Afrika oder Kuba, doch dabei handelt es sich nicht um klassische Werke, sondern um Collagen. Wir kombinieren beispielsweise afrikanische Musik mit Bach.“

Es wird insgesamt vierundzwanzig „Auftragsproduktionen“ geben. Radio_Copernicus bereitet auch die Präsentation einer Reihe von Archivkompositionen aus dem 1957 gegründeten Experimentalstudio des „Polskie Radio“ vor, des weltweit ersten Studios, das in die Entwicklung der elektronischen Musik investierte.

Radio_C wird bis Dezember senden – auf temporären Frequenzen in Deutschland, im September zwei Wochen in Polen und durchgehend im Internet (www.radio-copernicus.org).

Vorbereitet haben es drei Deutsche und drei Polen, deren Fähigkeiten einander ergänzen. Sie alle kennen sich bestens mit neuer experimenteller Musik aus, sind voller Elan, haben aber wenig Radioerfahrung. Davon allerdings hat die künstlerische Leiterin Sabine Breitsameter genug, Sie ist Professorin für Experimentelle Klanggestaltung an der Universität der Künste in Berlin. Wie jeder Radiomacher kennt auch sie die Geschichte des polnischen Experimentalstudios. „Sabine dachte bis jetzt, Polen sei ein Revier der Radioexperimente“, sagt Jacek Skolimowski, einer der Produzenten. „In Wirklichkeit ist Radio_Copernicus aber ein Wegbereiter des Künstlerradios in Polen.“

Ein Hindernis beim Hören des Senders wird – abgesehen davon, dass der landesweite Rundfunk- und Fernsehrat (Krajowa Rada Radiofonii i Telewiziji) dem Projekt keine Frequenz für die gesamte Sendedauer zur Verfügung gestellt hat – sicherlich die Dreisprachigkeit von Radio_Copernicus sein. Durch die Sendungen wird auf Polnisch, Deutsch und Englisch geführt. Aber schließlich geht es hier um Kunst. „Warum,“ fragt Breitsameter rhetorisch, „soll die polnische Sprache in Deutschland ein Hindernis sein? Das sind doch so schöne, neue Töne“.

Ozon, Nr. 15/ 28. Juli-3. August 2005, S.